Das Muster 1.1.1



📘 Band 2 – Das Muster: 111
Die Nacht ist noch nicht vorbei.
Vor der verschlossenen Tür zu Raum 111 wartet nicht nur eine Antwort, sondern ein Knotenpunkt.
Ein Ring, eine Zahl und eine Frau, die mehr weiß, als sie sagt – all das führt Dave tiefer in ein Archiv aus Erinnerungen, das seine eigene Vergangenheit in Frage stellt.
Doch während das Netz enger wird, öffnet sich eine neue Tür: 112. Und mit ihr die Wahl zwischen Leben und Wahrheit


Kapitel 1 – Vor der Tür
Die Zahl 111 schimmerte matt im schwachen Licht des Flurs. Dave stand davor, den Atem angehalten, als lausche er auf ein Geräusch, das nur für ihn bestimmt war.
Die Tür war verschlossen, doch das war nicht das, was ihn zögern ließ. Es war die Wand gegenüber – übersät mit Fotos, Zeitungsausschnitten, Notizen.
Sein Gesicht tauchte immer wieder auf. Andere, fremde Gesichter verbanden sich durch Linien, Zahlen, rote Markierungen.
Er stand im Zentrum. Er wusste nicht warum. Und er wusste nicht, wie lange schon.


Kapitel 2 – Der Beutel
Er drückte die Klinke herunter – diesmal gab das Schloss nach. Der Raum roch abgestanden, staubig. In einer Ecke stand ein schmaler Tisch, darauf ein kleiner schwarzer Samtbeutel.
Dave öffnete ihn und zog einen Ring hervor: schlichtes Silber, innen graviert L.M. – 14. März.
Er hielt ihn gegen das Licht, spürte das Gewicht. Nicht von Metall – sondern von Bedeutung.
Ein kurzer Schnitt in der Wahrnehmung: Marie, jünger, an der Seite einer älteren Frau. Der Ring wandert in ihre Hand, zusammen mit einem Blick, der mehr Befehl als Geste ist.


Kapitel 3 – Die Gravur
Dave konnte die Gravur nicht ignorieren. Er suchte in alten Registern, fand schließlich eine Adresse.
Das Haus war alt, fast verlassen. Eine Frau, mindestens siebzig, öffnete die Tür – Augen wie Glas.
„Der Ring“, sagte sie, kaum dass er ihn zeigte. „Ich habe nicht gedacht, dass er wiederkommt.“
Bevor sie mehr sagen konnte, bewegte sich etwas hinter Dave. Ein Schuss.
Die Frau sackte zusammen, und Marie trat ins Licht.


Kapitel 4 – Die Mentorin
Marie blickte auf den Körper hinab, als prüfe sie, ob etwas fehlt. „Sie war nicht so unschuldig, wie sie aussah.“
Dave wich zurück. „Du hast sie erschossen.“
„Ich habe einen Kreis geschlossen“, erwiderte Marie. „Und wenn du weiterfragst, schließt sich auch deiner.“
Der Ring in Daves Tasche fühlte sich schwerer an. Er wusste, dass er keine Antworten hier finden würde – und dass er zurück ins Haus musste.


Kapitel 5 – Der Keller
Im Keller roch es nach Rost und Staub. John saß gefesselt auf einem Stuhl, der Kopf gesenkt.
„Du bist spät“, murmelte er. Dave schnitt die Fesseln durch.
„Was hat sie mit dir gemacht?“
„Nichts, was sie nicht auch mit dir tun würde.“ John rieb sich die Handgelenke. „Du hast den Ring?“
„Ja.“
„Dann ist es zu spät. Raum 111… ist das Ende.“


Kapitel 6 – Der Plan
Sie gingen leise die Kellertreppe hoch.
„Warum bist du hier?“ flüsterte Dave.
„Weil Marie nicht weiß, ob ich auf ihrer oder deiner Seite stehe. Und ehrlich? Ich weiß es selbst nicht.“
Oben war die Tür verschlossen. Der Schlüssel fehlte. Schritte im Flur.
Marie tauchte auf, legte den fehlenden Schlüssel demonstrativ auf den Küchentisch.
„Wenn ihr gehen wollt“, sagte sie, „dann nur durch die richtige Tür.“


Kapitel 7 – Richtung 111
„Was meint sie mit ‚richtige Tür‘?“ fragte Dave, als sie sich wieder versteckten.
John antwortete nicht sofort. „Sie will, dass wir dorthin gehen. Sie will, dass du sie benutzt.“
„Den Ring?“
„Ja. Er ist kein Schmuckstück. Er ist ein Schlüssel – nicht zum Schloss, sondern zu dem, was dahinter ist.“


Kapitel 8 – Der versteckte Gang
Vor der Tür zu Raum 111 zögerte Dave.
Er setzte den Ring in eine kleine Vertiefung im Türrahmen. Ein leises Klicken, dann öffnete sich ein verborgenes Panel.
Ein schmaler Gang, blaues Licht. Am Ende: eine Kammer mit einem Gerät, alt, aber lebendig wirkend.
„Das ist das Archiv“, sagte John leise. „Last Memory. Alles, was sie ist – alles, was sie getan hat – ist hier drin.“
„Und wenn ich es aktiviere?“
„Dann siehst du, wer Marie wirklich ist.“


Kapitel 9 – Letzte Erinnerung Teil 01
Dave legte den Ring in die Mulde des Geräts.
Licht kroch durch Rillen, formte Kreise. Bilder flackerten: Marie als Kind, geführt von der alten Frau. Der Satz: „Wähle einen Anker, der nicht auffällt.“
Ein jüngerer Dave, unwissend, der Münzen für sie aufhebt.
Notizen: „Anker: D— // Zuverlässig // Kein Risiko // Beobachten“.
Maries spätere Handschrift: „Kein Opfer.“
Das Licht pulsierte, dann kam die Stimme der alten Frau: „Wenn der Ring wieder auftaucht, musst du wählen: Leben oder Wahrheit.“
Marie trat in den Raum. „Leg ihn hin, Dave.“


Kapitel 10 – Letzte Erinnerung Teil 02
Dave setzte den Ring wieder ein. Die Sequenz zeigte Marie im Streit mit der alten Frau:
„Er bleibt Mensch.“ – „Dann wirst du schwach.“ – „Ich werde frei.“
Das Licht änderte sich, ein Schmetterlingssymbol erschien: „Archivtransfer: 112“.
„Sie sichern es woandershin“, sagte John. „Archiv 112… war ihr letzter Plan.“
Marie: „Ich kann es nicht stoppen. Aber wir können entscheiden, was zuerst ankommt.“
Dave nahm die graue Karte mit der Prägung 112.
„Wahrheit“, sagte er. „Auch wenn sie mich frisst.“
Das Licht erlosch.
„Das ist das Ende, oder?“ flüsterte John.
„Nein“, sagte Marie. „Das ist der Anfang, den wir uns aussuchen.“


Kapitel 11 – Die Schwelle
Dave konnte den Blick nicht von der Wand lösen.
Fäden, Fotos, Symbole – alles führte zu ihm.
„Das ergibt keinen Sinn,“ sagte er, ohne Marie anzusehen.
„Es ergibt Sinn,“ erwiderte sie ruhig. „Nur nicht für dich. Noch nicht.“

Er hielt den Ring in der Hand, fühlte das kalte Metall. Der Badge für die Tür lag schwer in seiner anderen Hand.
„Und wenn ich nicht hineingehe?“
„Dann bleibst du blind.“

Er zog den Badge durch. Das Schloss klickte.
Kein grünes Licht, nur das Knarzen der Tür.
Ein schmaler Raum, dunkel, der Geruch von Staub und etwas Undefinierbarem.
„Willkommen im Archiv,“ sagte Marie.


Kapitel 12 – Der Fund
Die Regale waren schmal, unordentlich, Kisten mit verstaubten Etiketten.
In der Ecke lag eine verbeulte Dose, mit Klebeband umwickelt.
Dave öffnete sie. Darin – der Kellerschlüssel.
„Das… ist unmöglich,“ murmelte er.
„Oder sehr geplant,“ entgegnete Marie.

Neben der Dose ein Foto – der Ring auf einem Tisch. Derselbe Ring, den er jetzt hielt.
„Wer hat das aufgenommen?“
Marie blickte ihn an. „Jemand, der wusste, dass du ihn finden würdest.“

Er begriff, dass das Archiv nicht nur Dinge speicherte.
Es speicherte Momente.
Und er war einer davon.

„Komm,“ sagte Marie. „Es gibt noch etwas, das du sehen musst.“


Kapitel 13 – Der Faden
Der Keller roch feucht, alt.
John lag auf einem Stuhl, gefesselt, das Gesicht im Schatten.
„Du darfst ihr nicht trauen,“ sagte er heiser, als Dave eintrat.
„Warum bist du gefesselt?“ fragte Dave.
„Weil er es verdient,“ antwortete Marie.
John schüttelte den Kopf. „Der Ring… war nie für dich, Dave.“

Marie trat näher. „Manchmal muss man die Figuren auf dem Brett festsetzen, bevor das Spiel zu Ende geht.“

Dave spürte, wie sich alle Teile in seinem Kopf drehten: der Ring, der Schlüssel, die Wand voller Fäden.
Und er wusste – egal, wie es endete, Marie hatte die Regeln geschrieben.


Kapitel 14 – Die Wahrheit im Archiv
Dave stand wieder in Raum 112.
Der Kellerschlüssel lag in seiner Hand, das Foto vom Ring daneben.
Er ging die Regale ab, diesmal mit dem Blick eines Suchenden, nicht eines Staunenden.
In einer Kiste, ganz unten, fand er einen Umschlag.
Innen: ein altes Dokument mit einer Liste von Namen.
Seiner stand ganz oben. Darunter – John. Und am Ende: Marie.

„Das erklärt gar nichts,“ sagte er.
„Doch,“ erwiderte Marie von der Tür. „Es erklärt, dass wir alle Teil derselben Sache sind.“
„Und wer führt das Ganze?“
Sie lächelte nur.

Dave spürte, dass er keine weitere Antwort bekommen würde. Nicht jetzt.
Aber er hatte etwas Greifbares – den Schlüssel, den Ring, die Liste.


Kapitel 15 – Die stille Abrechnung
Der Keller war still.
John war immer noch gefesselt, doch diesmal stand Marie hinter ihm, eine Hand auf seiner Schulter.
„Er gehört nicht hierher,“ sagte Dave.
„Doch,“ entgegnete Marie. „Er ist der Grund, warum du überhaupt hier bist.“

John hob den Kopf. „Sie wird dich benutzen, Dave. So wie sie mich benutzt hat.“
„Genug,“ sagte Marie und zog die Fesseln enger.

Dave trat einen Schritt zurück. Der Schlüssel in seiner Tasche fühlte sich schwerer an als zuvor.
„Was passiert jetzt?“ fragte er.
„Jetzt,“ antwortete Marie, „geht jeder dorthin, wo er hingehört.“

Sie führte John weg, die Tür fiel ins Schloss.
Dave blieb allein im Flur zurück, den Blick auf die geschlossene Kellertür gerichtet.

Er wusste, dass sie nicht ewig geschlossen bleiben würde.
Und dass, wenn sie sich öffnete, er bereit sein musste.

ENDE!